Paper Mario: Die Legende vom Äonentor

   Von Miggi

Titelbild des Gamecube Remakes von Paper Mario: Die Legende vom Äonentor von Intelligent Systems für Nintendo Switch

Nachdem ich als ursprüngliches Sega-Kind mit dem Nintendo 64 in die stationäre Welt von Mario & Co. eingetaucht bin, hatte ich in der Generation danach, auf dem Gamecube, meine prägendsten Nintendo- und vermutlich generell Videospiel-Momente, die sich bis heute eingebrannt haben. Und bis zur Switch konnte das so auch keine Nintendo-Konsole mehr wiederholen, nachdem ich mich in Richtung Xbox 360 als Haupt-Konsole verabschiedet hatte. Dass genau die Switch jetzt zur Konsole wurde, auf der immer mehr Spiele aus dieser Zeit ihren zweiten Frühling feiern, macht mich nicht nur deshalb echt glücklich. Nach Metroid Prime, Pikmin 1 + 2, Super Mario Sunshine (das beste 3D-Mario bis Odyssey) im Zuge der 3D All-Stars Collection und verschiedenen Third Party-Titeln hat es jetzt auch Paper Mario: Die Legende vom Äonentor auf Nintendos Hybrid-Konsole geschafft. Und das macht mich nicht nur deshalb happy, weil ich den Titel damals leider verpasst habe, sondern auch, weil das Original am Gebraucht-Markt leider echt teuer ist. Wer also nicht 100€ - oder tendenziell sogar mehr - für das Spiel ausgeben will, wird sich hierüber sehr freuen!

Marios Abenteuer findet diesmal in insgesamt 8 Kapiteln plus Prolog in der Hafenstadt Rohlingen und den umliegenden Gebieten davon statt. Wie schon im direkten Vorgänger Paper Mario 64 erhält unser Held, der gerade mit seinem Bruder Luigi zuhause rumhängt, einen Brief von Peach, inklusive geheimnisvoller Schatzkarte. Diesmal wird er nicht zu einer Party eingeladen, sondern wird von der Prinzessin nach Rohlingen eingeladen, um ihr dort bei der Schatzsuche zu helfen. Er macht sich daraufhin mit dem Schiff auf den Weg und wird am Hafen direkt in einen Konflikt zwischen den Crucionen und Gumbrina gezogen. Mario wäre nicht Mario, wenn er der Gumba-Dame in Not nicht helfen würde und gemeinsam treffen die beiden sich nach dem Aufeinandertreffen mit Professor Gumbarth, der ihnen erklärt, dass die Karte von Mario magisch sei und den Weg zu den sieben Sternenjuwelen zeigt, die das Äonentor öffnen können. Wir machen uns also gemeinsam mit Mario und seinen neuen Freund*innen auf den Weg, die Juwelen und Peach zu finden und treffen dabei auf viele alte & neue Bekannte.

Mario und Gumbrina treffen auf einen gegnerischen Gumba in Paper Mario: Die Legende vom Äonentor von Intelligent Systems für Nintendo Switch
Headbangen kriegt eine ganz andere Bedeutung bei einem Kampf Gumba vs. Gumba.

Wie auch schon beim ersten Teil und den diversen Nachfolge-Titeln der Paper Mario-Serie bekommt ihr  mit Paper Mario: Die Legende vom Äonentor - oder besser gesagt Paper Mario RPG, wie das Japanische Original heißt - ein waschechtes RPG anstatt der typischen Plattformer, für die Mario eigentlich bekannt wurde. Gekämpft wird in rundenbasierten Kämpfen, in denen ihr die Möglichkeit habt verschiedene Attacken, Special Moves und Items zu nutzen. Ihr wechselt euch dabei immer mit eurem Gegenüber ab, einen richtigen Initiativ-Wert, wie in anderen RPGs, gibt es hier nicht. An eurer Seite ist außerdem immer eines von insgesamt sieben weiteren Party-Mitgliedern, die jeweils mit eigenem Moveset und Skills punkten können und die ihr an manchen Stellen klug einsetzen müsst, um bei euren Gegner*innen überhaupt Schaden machen zu können. Sammelt ihr fleißig Sternenstücke, könnt ihr eure Party-Mitglieder aufleveln, ansonsten sammelt nur Mario Erfahrungspunkte in Form von Sternenpunkten, die ihr entweder in mehr Gesundheit, Blumenpunkte oder Badge-Slots stecken könnt.

 

Blumenpunkte sind in diesem Spiel so etwas wie eure Mana-Leiste in vergleichbaren Titeln: jeder Special Move braucht eine bestimmte Menge der Punkte auf und diese kann nur in Gasthäusern oder per Item wieder aufgeladen werden. Neben Moves, die automatisch Teil eurer Ausrüstung sind, gibt es aber auch Badges, die euch neue Attacken spendieren. Diese könnt ihr in der Spielwelt finden und teilweise auch kaufen und Mario damit ausrüsten. Jeder Badge hat dabei einen bestimmten Zahlenwert von 1 bis 3 und ihr dürft nur eine bestimmte Maximal-Zahl erreichen. Badges können euch neben aktiven Aktionen aber auch passive Boni wie eine höhere Verteidung, mehr Power für eure Party oder eine neue Soundpallette für euren Hammer einbringen. Andere Ausrüstungs-Gegenstände wie Rüstung oder Waffentypen gibt es im Spiel nicht, neue bzw. verbesserte Waffen sind Teil der Story und ansonsten seid ihr auf euch und eure Freund*innen gestellt. 

Mario und Koopio kämpfen gegen einen Drachen in Paper Mario: Die Legende vom Äonentor von Intelligent Systems für Nintendo Switch
Klopf Klopf. Wer ist da? Drache. Drache wer? Drache-st du echt, dass es hier kein schlechtes Wortspiel geben wird?

In jedem Kampf könnt ihr außerdem, mit passendem Timing an der A-Taste, eure eigenen Moves verstärken bzw. gegnerische Attacken abblocken. Für erfolgreich ausgeführte Aktionen bekommt ihr vom Publikum Sternenpunkte, die ihr für besonders starke Specials nutzen könnt. Neue Moves erhaltet ihr dabei im Laufe des Spiels von den Sternenjuwelen nach jedem abgeschlossenen Kapitel. Die Kämpfe im Spiel sind insgesamt zum großen Teil nicht sonderlich schwer und mit den richtigen Items im Gepäck als Sicherheitsnetz solltet ihr auch die diversen Bosse nicht allzu oft probieren müssen. Man merkt dabei recht schnell, dass Paper Mario: Die Legende vom Äonentor hier nicht von euch erwartet Level zu grinden oder wirklich jeden einzelnen Kampf mitzunehmen, sondern es Nintendo-typisch eher um Story, Spaß und Zugänglichkeit geht. Natürlich werdet ihr im Spiel aber nicht nur von Kampf zu Kampf hüpfen, sondern dazwischen auch einige Rätsel lösen müssen.

 

Diese Rätsel machen sich dabei zum großen Teil das Thema Papier zu Nutze und bauen es smart ins Gameplay ein. Auf dem Weg zu eurem ersten Stern findet ihr etwa eine verschlossene Schatzkiste, aus der ihr jemand befreien müsst. Darin versteck sich ein Wesen, dass euch einen besonders harten "Fluch" auferlegt, mit dem ihr euch zu einem Papierflieger verwandeln könnt, um größere Abgründe fliegend überwinden zu können. Im Laufe des Spiels findet ihr davon noch einige andere "Flüche" und habt gleichzeitig die Möglichkeit die Fähigkeiten eurer Partner*innen in der Spielwelt einzusetzen. Koopio könnt ihr in seinem Panzer nach vorne kicken um Schalter zu aktivieren, Yoshi kann euch über kleinere Abhänge schweben lassen und Madame Aerona pustet für euch verschiedene Papierblockaden einfach weg. Auch die Rätsel sind dabei nicht unfassbar schwer, aber auch nicht kinderleich und fügen sich gut ins Spielgeschehen ein.

Yoshi fliegt Mario über zwei Dächer in Paper Mario: Die Legende vom Äonentor von Intelligent Systems für Nintendo Switch
Das Größenverhältnis Mario:Yoshi war auch schon einmal angenehmer für den grünen Dino.

Neben der Portion RPG und den Rätseln steht aber vor allem der Humor und generelle Charme der Welt und Charaktere im Vordergrund. Gefühlt jeder NPC im Spiel hat eine eigene Story zu erzählen und es lohnt sich komplett jede Figur anzusprechen. Man verpasst hier zwar meist nichts essenziell wichtiges für die Hauptstory, die Charaktere und deren Geschichten tragen aber einen großen Teil zur Lebendigkeit der Spielwelt bei und sind teilweise einfach verdammt gut geschrieben. Und abseits dessen wären da natürlich noch die wichtigeren Figuren, wie eure Party-Mitglieder, aber auch storyrelevante andere Charaktere, die allesamt unfassbar viel zum Spielgefühl beitragen. Wer nach Paper Mario: Die Legende vom Äonentor einmal einen oder mehrere Teile der Reihe gespielt hat und jetzt hierhin zurückkommt, wird allerdings an der Stelle schnell feststellen, dass der Humor in diesem Teil noch sehr viel überspitzter und allgegenwärtiger ist, sondern auch die Charaktere sehr viel mehr optische aber auch charakterliche Vielfalt und vor allem Persönlichkeit haben.

 

Das kommt daher, dass Nintendo ab dem dritten Teil für die Wii, Super Paper Mario, sehr strenge Regeln betreffend der Nutzung vorhandener bzw. der Integration neuer Charaktere vorgegeben hat. Charaktere wie Gumbrina, Koopio oder Bart-omb waren so nicht mehr möglich und der Ton der Serie hat sich stark verändert. Ich persönlich hoffe ja sehr stark, dass Nintendo nach diesem Remake diese Herangehensweise doch noch einmal überdenkt und wir in Zukunft vielleicht wieder mehr Witz und vor allem neue Charaktere in zukünftigen Paper Mario-Titeln sehen werden. Denn der Witz und Charme sind einer der größten Pluspunkte, die dieses Spiel auch 2024 als Remake noch zu etwas ganz Besonderem machen und haben sich bis heute wahnsinnig gut gehalten. Bedenken, dass bestimmte Passagen, Hintergrundgeschichten oder Witze es eventuell nicht ins Remake schaffen, könnt ihr übrigens beruhigt fallen lassen, alles wurde originalgetreu übernommen.

Mario und Gumbrina werden von Buus gejagt in Paper Mario: Die Legende vom Äonentor von Intelligent Systems für Nintendo Switch
Ob die "Fenster" im Hintergrund aus Backpapier gemacht wurden?

Aber nicht nur in die diversen Rätsel wurde das "Paper" in Paper Mario: Die Legende vom Äonentor witzig und geschickt integriert. Die ganze Spielwelt, die aus Papier, Karton und anderen papierbasierten Bastelutensilien besteht, sieht wundervoll "real" aus und man kann sich jederzeit vorstellen, dass es sich hier um gebasteltes Diorama handelt. Da stört auch nicht, dass das Remake nur in 30 Frames pro Sekunde auf der Switch läuft, da man die meiste Zeit einfach nur damit beschäftigt ist die schönen Papier-Effekte zu bestaunen. Egal ob im gedockten oder Handheld-Modus läuft das Spiel dafür ohne Ruckler und sieht im 16:9-Modus besser aus denn je. Zusätzliche Quality of Life-Features, wie mehr Schnellreise-Röhren, ein verbessertes Hinweis-System, Artwork- und Sound-Galerien oder der neu arrangierte Soundtrack tun dabei ihr Übriges und machen dieses Remake nicht zu einem einfachen Port, sondern man merkt, dass hier viel Arbeit und Aufwand in die Entwicklung geflossen sind.

"mit Paper Mario: Die Legende vom Äonentor zeigt Nintendo wieder einmal, dass ein gut gemachtes Gamecube-Remake absolut Mitspracherecht haben kann, wenn es um die besten Spiele des Jahres geht."

Ich sag es wie es ist: Es kann nicht genug Spiele der Gamecube-Zeit auf der Switch geben, sei es nun als Port oder als Remake. Und hier trifft auch dieses Spiel wieder voll ins Schwarze. Die 2024-Version glänzt mit einem wunderschönen Look, der auch heute noch unfassbar viel Charme hat, die Gameplay-Mischung aus RPG und Rätsel-Passagen ist perfekt balanciert und egal ob auf dem TV oder im Handheld-Modus macht das Spiel optisch eine Top-Figur. Sogar mehr als das: mit Paper Mario: Die Legende vom Äonentor zeigt Nintendo wieder einmal, dass ein gut gemachtes Gamecube-Remake absolut Mitspracherecht haben kann, wenn es um die besten Spiele des Jahres geht. Und nein, das ist absolut nicht übertrieben. Wer das Spiel damals ausgelassen hat, sollte es jetzt unbedingt nachholen und sich von dessen Qualität überzeugen. Wer es damals schon geliebt hat, wird auch mit diesem Remake wieder unfassbar viel Freude haben und kann meine Aussage nur bestätigen. Die Switch hat so auf ihre alten Tage noch einmal einen richtigen Banger spendiert bekommen und außerdem komme ich mit jedem Gamecube-Spiel, das auf der Switch erscheint, dem lange erwarteten Wind Waker-Port ein Stück näher. Seriously Nintendo, wir brauchen den. Oder ihr macht einen Nachfolger bzw. ein Add-On zu Luigis Abenteuern, ich verspreche auch dabei dann nicht einzuschlafen!

Wertung zu Paper Mario: Die Legende vom Äonentor von Intelligent Systems für Nintendo Switch
5 von 5 Best Boy Koopios.