Von Bea
Insomniac Games hat es seit ihrer offiziellen Aufnahme in die PlayStation-Familie nicht nur geschafft sich als First Party Studio zu etablieren, sondern hat die letzten Jahre der PlayStation Studios quasi dominiert. Mit Marvel’s Spider-Man hat das amerikanische Studio noch auf der PS4 gezeigt, dass es mit der Lizenz umzugehen weiß, ehe auf der PlayStation 5 dann mit dem Remaster und Marvel’s Spider-Man: Miles Morales direkt ein Doppelpack als Launch-Titel für die neue Konsole von Sony erschien. 2021 folgte dann Ratchet & Clank: Rift Apart, während der zweite Teil der Spider-Man Reihe bereits in der Mache war und im selben Jahr wurde ein Wolverine-Spiel des Studios angekündigt. Man stellt sich fast schon die Frage, wie sie es schaffen in so kurzer Zeit so ambitionierte Spiele zu entwickeln, aber hey, ich beschwer mich absolut nicht, solange nicht plötzlich herauskommt, dass die Entwickler*innen crunchen müssen. Mit Marvel's Spider-Man 2 kam jetzt im Oktober 2023 der nächste große Titel aus dem Hause Insomniac und damit gleichzeitig der größte First Party Titel für Sony in diesem Jahr.
Die Story des Spiels setzt 10 Monate nach den Ereignissen vom Miles Morales Spin-Off an und lässt uns diesmal in die Anzüge von gleich 2 Spider-Men schlüpfen: Peter Parker und Miles Morales. Die beiden werden gleich zu Beginn in einen Konflikt gezogen, der zu einem richtig ungelegenen Zeitpunkt kommt. Während Peter an der Schule von Miles als Physiklehrer seinen ersten Tag haben soll, greift Sandman New York an und so machen sich die beiden auf ihn zu stoppen. Peter wird danach von der Schulleitung dafür gefeuert, die Schüler*innen im Stich gelassen zu haben und kehrt daraufhin erst einmal niedergeschlagen zurück nach Queens in das Haus seiner verstorbenen Tante May, um sich mit seiner Freundin Mary Jane zu treffen. Dort werden er und MJ von ihrem Kindheitsfreund Harry Osborn überrascht, der eigentlich als unheilbar krank galt und dieser bietet Peter einen Arbeitsplatz in der neu gegründeten Emily-May Foundation an. Währenddessen muss Miles sich mit dem Schreiben seiner Collegebewerbung rumschlagen und ach so, da war ja noch was - die beiden müssen als Spider-Man ja auch noch allerhand Verbrechen in New York City vereiteln.
In Marvel's Spider-Man 2 übernehmt ihr nämlich die Kontrolle über beide Spinnenmänner. Zugegebenermaßen fokussiert sich die Geschichte eher auf Peter, als auf Miles, aber auch dieser hat im Verlauf der Geschichte seine Moments to Shine und ist nicht unwesentlich an wichtigen Momenten beteiligt. Die meiste Zeit über könnt ihr euch ganz frei entscheiden, wen ihr spielen wollt und könnt auf Knopfdruck zwischen den beiden wechseln. Das funktioniert dank der superschnellen Ladezeiten der PlayStation 5 quasi ohne Zwischen-Screen und das gleiche gilt für die Schnellreise. Mit klugen technischen Kniffen hat es Insomniac geschafft, dass es wirklich nur eine Sache von ein paar Sekunden ist, bis ihr weiter durch die Stadt schwingen und gleiten könnt. Und das Movement ist hier wieder einmal das Glanzstück des Spiels - es macht einfach wahnsinnig viel Spaß sich durch New York zu bewegen, vor allem mit den neuen Netzflügeln, mit denen ihr mit ordentlich Momentum richtig schnell von A nach B kommt, ohne auch nur ein einziges Mal den Boden zu berühren.
Wenn ihr gerade nicht am Rumschwingen und -gleiten seid, lasst ihr aber natürlich auch im zweiten Teil wieder die Fäuste fliegen. Die Kämpfe haben sich hierbei nicht wirklich großartig verändert: ihr habt eine leichte und eine schwere Attacke und könnt dank Spider-Senses Attacken von Gegner*innen schon im Vorfeld spüren, wodurch euch das Ausweichen erleichtert wird. Steigt ihr einen Level auf, könnt ihr außerdem mit euren Punkten Upgrades kaufen, die beide Spielfiguren gleichermaßen betreffen und entweder eure Kampfkünste verbessern, oder euch beim Erkunden der Stadt weiterhelfen. Beide Protagonisten haben aber außerdem auch ihre persönlichen Skill-Trees, in denen ihr mit euren Punkten Upgrades für einen von beiden kaufen könnt. Miles kann dabei seine Elektro-Kräfte stärken, die man schon aus dem Spin-Off kennt, während Peter diesmal mit Spinnenbeinen am Rücken austeilen kann. Achso und da war ja auch noch die Sache mit dem Symbionten. Aber wie Peter dazu kommt und welche Kräfte dieser hat, das dürft ihr dann lieber selbst herausfinden. Es sei nur so viel gesagt, dass ihr im Laufe des Spiels Zugriff darauf bekommt und sich somit auch eure Spezial-Attacken ändern, je nachdem ob Peter gerade einen "normalen" Anzug oder den Symbionten-Anzug trägt.
Natürlich könnt ihr im Spiel aber wieder nicht nur stur der Hauptstory folgen, sondern in New York allerhand Side-Quests und anderen Content entdecken. Und hier steckt für mich auch die größte Schwachstelle des Spiels - die Nebenmissionen sind nämlich ganz schön repetitiv und ziehen sich teilweise echt sehr. Natürlich sind sie nur optional, aber mein innerer Monk wollte alle Gebiete der Stadt mit 100% abschließen und was soll ich sagen - Spaß hat das nicht immer gemacht. Generell finde ich, ist das Pacing des Spiels nicht immer optimal und manches zieht sich einfach zu sehr und ich wäre nicht sauer gewesen, wenn das Spiel ein paar Stunden kürzer gewesen wäre. Ja, die Bosskämpfe sind cool inszeniert, aber wenn ich im Grunde immer wieder mal nur ein Quick Time Event lösen oder einen Button mashen muss, dann hätte ich auch gerne einen kürzeren Kampf oder ein paar weniger optionale Aufgaben genommen und dafür ein runderes Spiel-Erlebnis gehabt. Aber ich hätte natürlich auch einfach nur die Story spielen können, das ist zum Teil ja auch etwas, das ich mir selbst ausgesucht habe.
Kommen wir aber einmal kurz zurück zur Inszenierung und damit auch der Geschichte. Und keine Sorge, ich werde an dieser Stelle nichts spoilern, aber es hier nicht zu erwähnen, würde Marvel's Spider-Man 2 mit seine größte Stärke absprechen. Denn sowohl die Main Story, als auch die Nebenquests liefern jedes Mal eine richtig gute Geschichte ab und deshalb bin ich da auch trotz ein bisschen eintönigem Gameplay dran geblieben. Selbst im ersten Moment unwichtig anmutende Missionen entpuppen sich am Ende als wichtige Story-Stückchen für Miles oder Peter und teilweise hat Insomniac hier auch noch diverse Easter Eggs versteckt, die manchmal offensichtlicher sind, teilweise aber auch nur mit Comic-Wissen erkannt werden können. Und das sage ich, der schon viel zu lange keinen Spider-Man Comic mehr gelesen hat, also als jemand dem vermutlich immer noch einige Dinge entgangen sind. Das gleiche gilt übrigens auch für die Spielwelt, in der gewitzte Spieler*innen schon die Anwaltskanzlei von Matt Murdock oder die Botschaft von Wakanda gefunden haben.
Die zweite große Stärke die Marvel's Spider-Man 2 hat ist die Performance in Kombination mit der Optik. Selbst im Performance-Modus gibt es wunderschönes RayTracing und alles läuft butterweich. Ab und zu gibt es zwar kleine Bugs und Glitches, aber die halten sich echt in Grenzen und das Spiel sieht einfach echt verdammt gut aus. Ich habe mich immer wieder dabei ertappt, wie ich vor verspiegelten Flächen stehen geblieben bin, um das RayTracing genauer unter die Lupe zu nehmen und ich glaube am meisten hat es mich bei den glänzenden Luftballons in einer Szene begeistert. Da stand ich bestimmt 5 Minuten rum, um mir das anzusehen. Und sowohl in den Kämpfen, als auch beim blitzschnellen Schwingen und Gleiten durch die Stadt gibt es keinerlei Einbrüche der Framerate oder sonstiges, was euch aus dem Spielfluss reißen könnte. Und das mit einer Spielwelt, die im Vergleich zum Vorgänger sogar noch einmal größer geworden ist, da Brooklyn und Queens diesmal auch Teil der Map sind. Hier haben die Entwickler*innen einfach richtig gute Arbeit geleistet und es wieder einmal geschafft technisch komplett abzuliefern.
"Marvel's Spider-Man 2 ist die (fast) perfekte Fortsetzung: alle Aspekte des Vorgängers wurden verbessert oder übertroffen, während das Spiel erzählt gleichzeitig eine spannende Geschichte erzählt, die einen an den DualSense-Controller fesselt."
Mit einer großen Lizenz kommt große Verantwortung und dieser ist sich Insomniac Games definitiv bewusst. In jeder Ecke des Spiels merkt man, dass hier Spider-Man-Fans am Werk sind, die sich mit dem Material auseinander gesetzt haben und einfach ein richtig gutes Spiel für Fans des Franchises abliefern möchten. Und das gelingt ihnen auch zum größten Teil. Marvel's Spider-Man 2 ist die (fast) perfekte Fortsetzung: alle Aspekte des Vorgängers wurden verbessert oder übertroffen, während das Spiel gleichzeitig eine spannende Geschichte erzählt, die einen an den DualSense-Controller fesselt. Der übrigens immer noch viel zu kurz hält während man spielt, aber das soll hier nicht Thema sein. Hätte Insomniac ein paar der Nebenmissionen etwas kürzer gemacht bzw. sie nicht so häufig über die Karte verteilt und das Pacing noch etwas kompakter gemacht, hätte das Spiel für mich tatsächlich noch etwas besser funktioniert. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn auch so ist der zweite Teil der Reihe echt gut geworden und ich würde es sofort wieder spielen. Vielleicht dann einfach nicht auf 100%.