Von Miggi
Über Elden Ring muss man denke ich nicht mehr viel Worte verlieren. Zum einen weil ich mich in meiner eigenen Review zum Grundspiel schon mit Lob an dieses wundervolle Spiel überschlagen habe, zum anderen weil ich damit nicht alleine war und das Spiel von FromSoftware überall anders auch Bestwertungen abgestaubt hat. Aber schon damals wurden neben dem ganzen Lob auch kritische Stimmen lauter, die wieder die leidige Schwierigkeitsgrad-Debatte aufgemacht haben. Das hat uns damals auch intern beschäftigt und unsere 49. Podcast-Folge hat sich damals vollumfänglich dem Thema "schwere Videospiele" gewidmet. Dass der große Elden Ring-DLC Shadow of the Erdtree nun nicht nur wieder diese Debatte neu aufflammen hat lassen, sondern natürlich Fans des Spiels & Genres auch schon lange darauf hingefiebert haben, war beiderseits zu erwarten. Wie schwer das ganze wirklich ist und ob Mastermind Hidetaka Miyazaki es wirklich geschafft hat auf den Erfolg des Grundspiels noch einen draufzusetzen, musste ich mir aber natürlich selbst ganz genau ansehen. Auf in die Schattenlande!
Es ist ja mittlerweile eigentlich schon Tradition, dass die Story von FromSoftware-Titeln eher kryptisch und verschachtelt ist, deshalb überrascht es auch hier niemanden, dass diese auch hier aufrecht erhalten wird. Um den Eingang zum DLC-Gebiet zu erreichen, müsst ihr natürlich erst mal einen der härtesten (und optionalen) Bosse des Hauptspiels besiegen und zwar den Blutfürsten Mohg. Dieser versteckt sich im Untergrund und bewacht dort den Kokon von Miquella, dem Zwillingsbruder von Malenia. Habt ihr ihn besiegt könnt ihr von dort aus in die Schattenlande reisen. Die sind ein separates Gebiet mit eigener Map, in dem ihr neue NPCs, neue Questlines, neue Ausrüstung und natürlich auch einen Haufen neuer Gegner finden könnt. Und ein Name wird euch dabei ständig begleiten: Miquella, the Kind. Warum das so ist, wäre an dieser Stelle schon wieder fast zu viel verraten, aber ihr könnt euch definitiv auf eine Elden Ring-typische Story mit kleinen Schnipseln in Item-Beschreibungen, NPC-Dialogen und Co. freuen!
Was natürlich auch diesmal wieder heiß diskutiert wurde und einige Leute aufschreien hat lassen, ist der Schwierigkeitsgrad. Eigentlich sollte das nun niemanden mehr überraschen, aber ja: der DLC von Elden Ring ist schwerer als das Grundspiel. Surprise Pikachu, I know. Und trotzdem kann man sich, wie auch eigentlich schon immer, das Spiel selbst schwerer oder leichter machen. Euch stehen wieder einige Hilfsmittel zur Verfügung wie Aschen, Talismane und eine Vielzahl neuer Waffen. Neu dazugekommen sind hier unter anderem ein neues Nahkampf-Moveset, Biestklauen, Parfümflaschen, Großkatanas oder mein absoluter Favorit, das leichte Großschwert, um genauer zu sein Milady. Dieses Schwert hat es geschafft, dass ich mich nach jahrelanger Muscle Memory aus diversen Dark Souls-Teilen und Elden Ring selbst und meiner eigenen Sturheit vom Langschwert verabschiedet habe und mich mal auf etwas neues eingelassen habe. Und was soll ich sagen, das leichte Großschwert ist vermutlich die spaßigste und gleichzeitig agilste Waffe, die ich bisher in einem Soulslike ausgerüstet habe. Und ich liebe alles daran. Neben neuen Waffen bringt Shadow of the Erdtree aber auch ein komplett neues Level-System mit sich, das nur im DLC-Gebiet aktiv ist und ihr dort auch dringend davon Gebrauch machen solltet.
Egal mit welchem Player-Level ihr nämlich die Schattenlande betretet, eure Gegner passen sich daran an. Das bedeutet, dass ihr selbst mit eurem NG7+ Charakter, der im Grundspiel alles wegsäbelt, hier vermutlich erst einmal aufs Maul fliegen werdet. Aber sowas von. Abhilfe schaffen da die sogenannten Scadubaum-Fragmente, mit denen ihr euch an Orten der Gnade (oder Leuchtfeuer, wie ich sie weiterhin nenne) separat aufleveln könnt. Insgesamt gibt es 20 Scaubaum-Level, die euch sowohl härter austeilen, als auch mehr einstecken lassen, egal wie eure restlichen Stats aussehen. Für Magier*innen gibt es in Form der Verehrte Geisteraschen außerdem ein Pendant dazu, das eure Beschwörungen verstärkt und auch Torrent etwas mehr Lebenskraft spendet. Wer sich also so richtig mächtig fühlt, dann im DLC-Gebiet One-Shot nach One-Shot kassiert und sich fragt warum - das hier ist vermutlich der Grund. Sammelt mehr Scadubaum-Fragmente. Mit Level 15 habe ich es dabei gut bis ans Ende geschafft, ich denke mit Level 20 sollte man umso leichter durchkommen.
Natürlich könnt ihr euch noch so gut aufleveln und ausrüsten. Aber besonders in Shadow of the Erdtree sind die Gegner, die euch ans Leder wollen, fieser, zahlreicher und vor allem in Gruppen nicht unbedingt leicht. Besonders schön fand ich hierbei aber, dass die meisten Monster und Figuren nicht einfach 1:1 Reskins von Feinden aus dem Grundspiel waren, sondern sich FromSoftware hier wirklich noch einmal richtig viel Mühe gegeben hat. Klar, ein paar Viecher hat man auch mitgenommen, aber das ist völlig okay. Denn egal ob kleinere Dungeon-Monster, NPC-Invader mit speziellen Waffen und Skills oder Minibosse - es wird nie langweilig sich auf neue Gegner einzustellen. Besonderes Lob verdienen aber die ganz großen Gegner. Der erste Main-Boss hat mich erst einmal komplett zurück auf die Lehrbank geholt und mich meine ganzen Moves und Timings nach 2 Jahren Pause wieder mühsam lernen lassen und ab einem gewissen Boss ging es nur noch Schlag auf Schlag mit Highlights. Bis ich beim finalen Boss stand, meine Kinnlade runterklappte, ich mich nach vorne lehnte und erst einmal mehrere Stunden gegen eine Wand gerannt bin, bevor ich irgendwann laut jubelnd den letzten Schlag setzen konnte.
Das ist ein Gefühl, das so bei mir, mit wenigen Ausnahmen wie kürzlich Lies of P, eigentlich nur FromSoftware-Spiele hervorrufen können. Vor allem in diesem Ausmaß hat es noch kein anderes Spiel geschafft. Und ich bin unglaublich froh, dass es nach Malenia, dem wohl bisher forderndsten Kampf seit vermutlich immer, noch ein paar Kämpfe auf diesem Kaliber in den DLC geschafft haben. Dieses Gefühl, immer mehr vom Moveset zu lernen, immer weniger Heil-Items zu brauchen, nur um dann in der zweiten Phase des Bosses wieder gewiped zu werden, zu trainieren und sich mehr zu trauen, bis man am Ende triumphiert und dem Wissen, das jetzt geschafft zu haben. Ich glaube es gibt kaum etwas, das mir mehr Freude in Videospielen bereitet und Shadow of the Erdtree hat hiervon mehrere solcher Momente für mich in Petto gehabt. Und da will ich jetzt auch nichts hören von wegen wer mit Summons spielt, Mimic Tear verwendet oder sonst was. Wer Elden Ring und/oder Shadow of the Erdtree beendet hat, hat eine krasse Leistung abgeliefert. Egal ob wie ich stur mit Schwert und Schild und 7 INT oder mit anderen Mitteln, die regulär im Spiel verfügbar sind. Punkt.
Wovon ich mindestens genauso beeindruckt war, wie von den Kämpfen an sich, ist der reine Umfang und die Vielfältigkeit von Shadow of the Erdtree. Wäre dieser DLC vor 2 Jahren anstelle von Elden Ring erschienen, hätte vermutlich niemand gemeckert, dass es zu kurz oder zu wenig wäre. Die Schattenlande sind so klug und bedacht aufgebaut, wie ich es schon lange nicht mehr in einer Spielwelt gesehen habe. Der liebe Kris von Darf ich Vorstellen, mit dem ich mich während meiner Sessions viel ausgetauscht habe, hat das Worldbuilding irgendwann mit dem ersten Dark Souls verglichen und nachdem ich erst dachte er übertreibt, musste ich ihm ein paar Stunden später einfach zustimmen. Gleichzeitig gibt es in der Welt, die teilweise auch unverschämt schöne Gebiete auf der Map hat, wieder so viele Dinge und Wege zu entdecken, dass man hier gut und gerne seine 50 bis 60 Stunde verbringen kann und sehr vieles immer noch nicht gesehen hat. Elden Ring mitsamt dem DLC ist als Gesamtpaket ein so monumentales und wunderschönes Spiel und ich frage mich wirklich wie FromSoftware das noch toppen will, wenn Miyazaki behauptet, er hätte immer noch nicht das für ihn "perfekte" RPG erschaffen.
"Elden Ring: Shadow of the Erdtree ist vermutlich der beste DLC, den ich je gespielt habe und ich hätte niemals gedacht, dass das schon unschlagbar gute Grundspiel mit dieser Ergänzung noch einmal so viel besser werden würde."
Ich habe mich ein paar Tage vor Release wirklich bereit gefühlt. Hatte noch einmal meine Ausrüstung gecheckt, ein paar härtere Gegner bekämpft, um die alten Knochen wieder ans Spiel zu gewöhnen, mich mit meinem Charakter an den Eingang der Schattenlande platziert und bin pünktlich zu Release in die Schattenlande gereist. Wirklich bereit war ich allerdings nicht, wenn man das überhaupt sein konnte. Elden Ring: Shadow of the Erdtree ist vermutlich der beste DLC, den ich je gespielt habe und ich hätte niemals gedacht, dass das schon unschlagbar gute Grundspiel mit dieser Ergänzung noch einmal so viel besser werden würde. Ich hatte keine Ahnung wie viel Umfang in diesem DLC (!) steckt, wie viel unvergessliche Boss-Momente ich erleben werde, dass ich mich von meinem Langschwert verabschieden werde, welche Quests und Twists auf mich warten und wie viel Zeit und Spaß ich damit haben werden. Und natürlich habe ich auch nicht geahnt wie sehr ich erst einmal wieder aufs Maul kriegen werde. Gleichzeitig hatte ich dabei so viel Spaß und die Kämpfe hatten teilweise so unvergessliche Momente (und Voicelines), an die ich mich noch lange erinnern werden. Hut ab. Oder Topf ab? Egal, ich ziehe was auch immer sich auf meinem Kopf befindet vor diesem Spiel.