Sonic Frontiers

   Von Miggi

Titelbild zu Sonic Frontiers von SEGA und Sonic Team

Eigentlich können wir uns das ganze Vorgeplänkel sparen, denn wer mich kennt weiß, dass ich mich wohl auf kein Spiel dieses Jahr mehr gefreut habe als ... Elden Ring. Naja okay, dieses Jahr ist vielleicht das Timing etwas doof, normalerweise würde da jetzt nicht Elden Ring sondern Sonic stehen. Denn wer mich kennt und unsere Streams verfolgt weiß, dass mir neben Pokémon wohl kein Franchise in meinem Videospiel-Leben wichtiger ist, als SEGAs blauer Igel. Und nach 5 Jahren ohne großen Release, Sonic Origins lassen wir da mal beiseite, war ich sehr gespannt wie man das 30-jährige Jubiläum von Sonic zelebriert. Nach eher seltsamen IGN-Videos im Juni 2022 und einer gamescom-Demo, die Hoffnung in mir hat aufkommen lassen, dass das doch ganz gut werden wird, war meine erste Amtshandlung nach dem Japan-Urlaub natürlich die Series X anzuschmeißen und Sonic Frontiers darauf zu installieren.

Das Spiel startet damit, dass Dr. Eggman versucht, eine verschollen geglaubte Technologie der auf den Starfall Islands früher ansässigen Rasse für seine Machenschaften zu erlangen. Doch sein Plan geht - Überraschung - nicht ganz auf und als er dort von Verteidigungseinheiten angegriffen wird, zieht der neue Charakter Sage ihn zu seinem Schutz in den Cyberspace. Währenddessen sind auch Sonic, Tails und Amy auf dem Weg zu den Inseln, da eine mysteriöse Macht die Chaos Emeralds dorthin gezogen hat und werden - Überraschung die Zweite - ebenfalls in den Cyberspace verfrachtet und voneinander getrennt. Die Story ist im Laufe des Spiels leider zu 90% sehr vorhersehbar und vermutlich der größte Kritikpunkt, den ich an Sonic Frontiers habe. Zu großen Teilen wird hier eine Erzählung wiederholt, die man schon aus Sonic 3 aus 1994 kennt und auch das Ende hat mich nicht wirklich vom Hocker gehauen. Aber viel viel wichtiger als die Geschichte ist natürlich das Gameplay.

Sonic steht auf einem Turm in Sonic Frontiers von SEGA und Sonic Team
Die Open Wo.. äh Zone von Sonic Frontiers lädt euch ein, eure Geschwindigkeit zu entfesseln.

Und genau dieses Gameplay hat sich im Vergleich zu den bisherigen Spielen zum einen erheblich verändert, ist aber im Kern immer noch das Sonic-Gameplay, das man kennt: wo man sonst durch einzelne Levels bis ans Ziel gelaufen ist, wartet jetzt erst einmal eine von fünf Open Zone-Inseln auf Spieler*innen, auf denen man sich frei bewegen kann. Ihr könnt gegen gegnerische Roboter bekämpfen, Ringe und andere Collectibles einsammeln und Aufgaben lösen, um mehr von der Map freizuschalten. Schafft ihr es einen der Mini-Bosse auf der Insel zu besiegen, erhaltet ihr Portalschlüssel, mit denen ihr in insgesamt 30 kürzere Cyberspace-Level gelangen könnt. Diese sind dann wie typische Sonic-Level aufgebaut und man versucht so schnell wie möglich ins Ziel zu kommen. Die Cyberspace-Level bedienen sich dabei mal mehr und mal weniger unterschwellig an älteren Sonic-Spielen, greifen einzelne Level-Elemente wieder auf oder geben diesen einen neuen Twist. Wer nicht so sehr in der Materie ist wie ich, wird das vermutlich gar nicht merken, ich fand die Anspielungen aber echt gut und schön integriert.

 

Eine Sache, vor der ich im Vorfeld Angst hatte und was das Spiel schneller hätte ruinieren können, als ich "Gotta go Fast!" hätte sagen können, ist das Movement. Aber zum Glück kann ich hier komplett Entwarnung geben: Sonic steuert sich richtig gut, die Moves funktionieren alle wie sie sollen und sich in Highspeed über die Inseln zu bewegen macht einfach nur sehr viel Spaß. Auch wenn die Rails, Bumper und andere Objekte in der Umgebung auf Screenshots vielleicht etwas deplaziert wirken, kriegt man davon kaum etwas mit, weil man sich irgendwann komplett im Flow des Spiels befindet. Egal ob in den 3D- oder 2D-Abschnitten, in die euch das Spiel manchmal wirft - wer darauf aus ist, möglichst schnell von A nach B zu kommen und dafür auch gerne mal verschiedene Moves aneinanderreiht, kann das in Sonic Frontiers so smooth machen, wie lange nicht. Und wer nicht ganz happy ist, kann diesmal sogar in den Einstellungen noch einige Anpassungen vornehmen, damit Sonic sich schneller dreht oder sensibler auf Inputs reagiert. 

Sonic läuft durch die Green Hill Zone in Sonic Frontiers von SEGA und Sonic Team
Green Hill Zone - bist du's?

Ein weiteres wichtiges Element in Sonic Frontiers' Gameplay sind Kampfabschnitte. Und wer bei diesem Wort direkt Flashbacks zum trägen Werigel-Gameplay aus Sonic Unleashed bekommt, kann aufatmen. Die Kämpfe im neuesten Teil sind zum Glück viel schneller und laufen wesentlich flüssiger ab. Während in den Cyberspace-Abschnitten meist ein einzelner Homing Dash reicht, um die Gegner zu besiegen, müsst ihr bei stärkeren Gegner ein bisschen anders vorgehen. Ähnlich wie in z.B. Devil May Cry habt ihr verschiedene Attacken, die ihr aneinanderreihen könnt um die Roboter-Gegner zu besiegen, könnt feindlichen Attacken ausweichen und Special Moves, die noch einmal mehr Schaden machen. Außerdem trefft ihr immer wieder auf Mini-Bosse, gegen die ihr eine bestimmte Taktik verfolgen müsst. Die Kampf-Abschnitte nehmen dabei nicht überhand, laufen sehr schnellebig ab und sind so ins Spiel eingebaut, dass sie nicht aufgezwungen wirken.

Recht früh im Spielverlauf erhält Sonic außerdem eine neue Fähigkeit und zwar den Cyberloop. Mit gedrückter Aktionstaste hinterlässt der blaue Igel damit eine leuchtende Spur am Boden. Schafft ihr es die Spur zu einem Kreis zu formen und lasst die Taste los werden Gegner, die sich innerhalb des Kreises befinden kurz betäubt. Das könnt ihr aber nicht nur im Kampf zu eurem Vorteil nutzen, sondern benötigt diese Fähigkeit auch, um verschiedene Rätsel auf den Inseln zu lösen. Für alles, was ihr macht, bekommt ihr verschiedene Punkte, mit denen ihr Sonics Fähigkeiten aufbessern könnt, um ihn schneller und stärker zu machen, oder neue Kombos freizuschalten. Und wer nach den etwa 20 - 30 Stunden Spielzeit nach der Story noch Bock auf mehr und alle Inseln erkundet hat, kann sich mit dem Angel-Minigame von Big The Cat die Zeit vertreiben. Das klingt zwar im ersten Moment absurd, ich habe aber viel mehr Zeit damit verbracht als mir lieb ist. Angel-Minigames sind halt auch einfach geil, da kann man nichts machen.

Sonic läuft durch ein Cyberspace-Level in Sonic Frontiers von SEGA und Sonic Team
Da soll sich noch jemand ohne Navi auskennen.

Schon vor Release des Spiels wurden Stimmen laut, dass Sonics neuester Titel wohl technisch nicht auf dem aktuellsten Stand sei. Deshalb muss ich ein paar Worte zur technischen Komponente verlieren und auch eine Warnung aussprechen. Ihr solltet das Spiel nämlich unter keinen Umständen auf der Switch spielen. So sehr ich Nintendos Hybrid-Konsole liebe, so sehr ist sie leider der falsche Ort für Sonic Frontiers. Die Texturen, die Framerate und das Pop-in sind leider vor allem im Vergleich zu Xbox Series X, PlayStation 5 und PC gar nicht schön. Macht da einfach einen Bogen drum. Auf den anderen Plattformen läuft das Spiel allerdings echt flüssig und sieht gut aus, lediglich das Pop-in ist plattformübergreifend ein Problem. Aber ganz ehrlich - während ich das Spiel gespielt und mich schnell durch die Welt bewegt habe, ist mir das kaum aufgefallen und hat auch mein Spielerlebnis absolut nicht getrübt oder sonst irgendwie beeinflusst. Ist das Spiel perfekt? Nein. Aber ist es so furchtbar wie viele da draußen behaupten? Ganz im Gegenteil. Dass der Soundtrack (vor allem in den Bosskämpfen) dazu noch richtig gut ist, muss man bei Sonic ja fast gar nicht erwähnen, bei Frontiers kann man das allerdings ruhig extra hervorheben. Von atmosphärischen Piano-Klängen bis hin zu E-Gitarren-Power ist diesmal alles dabei.

"Sonic Frontiers schafft es seinen Wurzeln treu zu bleiben, trotzdem frischen Wind ins Franchise zu bringen und das Gameplay macht einfach Spaß. Und wenn ich bei Sonic-Spielen eines haben will, dann Spaß."

Hach Leute. Ich bin echt froh, dass ich an dieser Stelle nicht irgendwelche an den Haaren herbeigezogenen Argumente finden muss, um mir Sonic Frontiers irgendwie schön zu reden. Und wir wissen, dass ich das vermutlich gemacht hätte, um Sonic nicht scheiße finden zu müssen. Aber ganz ehrlich und aufrichtig kann ich sagen: das Spiel ist wahnsinnig gut geworden und für mich der beste 3D-Titel der Reihe seit Sonic Adventure 2Sonic Frontiers schafft es seinen Wurzeln treu zu bleiben, trotzdem frischen Wind ins Franchise zu bringen und das Gameplay macht einfach Spaß. Und wenn ich bei Sonic-Spielen eines haben will, dann Spaß. Die Story ist da für mich fast komplett Nebensache und wenn es eines gegeben hätte, was das Spiel noch besser gemacht hätte, dann wäre es nur der Chao Garden. Aber den bekommen wir vermutlich nie wieder zurück. Sonic Team ist es mit Frontiers gelungen das Spielprinzip zu neuen Ufern zu führen und ich hoffe, dass das nur der Start ist, für die nächsten Jahre. Denn wenn weitere Sonic-Titel auf dem aufbauen, was man hier geschaffen hat, dann kann man für SEGAs Maskottchen endlich komplett auf eine rosige 3D-Zukunft blicken.

Wertung zu Sonic Frontiers von SEGA und Sonic Team
4,5 von 5 Kocos.