Hellboy: Web of Wyrd

   Von Miggi

Titelbild zu Mike Mignola's Hellboy: Web of Wyrd von Upstream Arcade und Good Shepherd Entertainment

Ich bin ein einfacher Mann. Ich lese Roguelike, ich spiele Roguelike. Wenn aber dann noch eine IP, die ich grundsätzlich schon einmal gut leiden kann, sich dazu entscheidet einen Ausflug in das Genre zu machen, bin ich dem ganzen gegenüber direkt noch positiver gestimmt. Und schon auf der diesjährigen gamescom hat die kurze Demo-Session zu Hellboy: Web of Wyrd meine Neugierde geweckt. Vor allem, weil wir hier nicht selbst spielen konnten, sondern ein Entwickler und ein PR-Mensch uns das Spiel nur hinter verschlossenen Türen gezeigt haben. Da weiß man ja dann immer noch weniger, was einen erwartet. Aber alleine der Look des Spiels und eben der Fakt, dass es sich hierbei um ein Roguelike handelt, haben mein Interesse genug geweckt, dass ich mir das Spiel zu Release näher ansehen musste. Und Hellboy ist halt einfach saucool, das ist natürlich auch ein Argument, das man nicht einfach ignorieren kann.

Die Story des Spiels, die in enger Zusammenarbeit mit Serien-Schöpfer Mike Mignola und Dark Horse Comics entstanden ist, beginnt mit einem ganz normalen Einsatz für unseren Protagonisten. Also so normal, wie es die Umstände zulassen. Bei einer Mission ist ein Agent der B.U.A.P. (im Original das "Bureau for Paranormal Research and Defense") nämlich verschwunden, weshalb Hellboy in die Tiefen des Wyrds geschickt wird, um den Vermissten zu retten. Dort angekommen stellt sich aber sehr schnell heraus, dass mehr hinter dieser Mission steckt als ein vermisster Agent und so kehrt Anung Un Rama, wie Hellboys eigentlicher Name ist, vorerst zurück ins Schmetterlingshaus, das im Jahr 1962 vom Okkultisten Pasquale Deneveaux erbaut wurde. Dieses dient von da an als Basis, in der Hellboy mit seinen Verbündeten ein ganz anderes Problem lösen muss, als eine vermisste Person zurückzuholen. Die Story ist dabei ganz nett, aber jetzt auch nicht atemberaubend und voll mit Twists. Im Grunde macht sie genau das, was sie machen soll: eine nicht allzu absurde Basis für das darauf aufbauende Gameplay schaffen.

Hellboy steht einem Gegner gegenüber in Mike Mignola's Hellboy: Web of Wyrd von Upstream Arcade und Good Shepherd Entertainment
Wenn ich euch jetzt hier einfach ein Panel aus einem Hellboy-Comic reinkopieren würde, würde es vermutlich nicht auffallen.

Verpackt wird diese Geschichte in das Gewand eines Beat 'em Up-Roguelikes, das euch durch verschiedene Ebenen des Wyrds führt. Diese Bereiche sind dabei prozedural generiert. Das ist das kluge Wort dafür, dass es einzelne, wiederkehrende Bausteine gibt, die zufällig zusammengewürfelt werden und dadurch jeweils ein neues Level entsteht, wenn ihr einen neuen Anlauf startet. So ist jeder Run, den ihr in Hellboy: Web of Wyrd angeht einzigartig und unterscheidet sich in der Abfolge der Räume, Anzahl der Gegner und Verteilung der Items. Das lädt natürlich dazu ein auch nach Abschluss der Story noch weiter zu spielen, Item-Kombinationen zu testen und sich mit größerem Wissen den bereits besiegten Gegnern nochmals zu stellen. Wie es in einem guten Roguelike nun mal der Fall, bis hier hin also schon mal alles richtig gemacht.

 

Hellboy steuert ihr dabei aus der 3rd Person, wobei die Kamera für meinen Geschmack ein bisschen zu weit am Protagonisten klebt. Ein bisschen mehr Platz sich umzuschauen, wäre manchmal ganz hilfreich gewesen. Seine Gesundheit wird in einer Leiste angezeigt, die mit mehreren gelben Blockern abgeschlossen wird, der sogenannten Toughness. Diese dient als eine Art Schild und schützt sowohl die Spielfigur, als auch alle Gegner im ersten Moment vor eintreffendem Schaden. Wollt ihr einem größeren Feind also Gesundheit abziehen, müsst ihr erst einmal durch die Toughness brechen, was Gegner aber auch gleichzeitig kurzzeitig betäuben kann und euch so ein kurzes Zeitfenster für eine Spezialattacke öffnen kann. Diese gelbe Extra-Leiste kann aber auch mit etwas Zeit oder den richtigen Items regeneriert werden. So verlieren Feinde gelbe Kristalle, wenn ihr sie besiegt. Nur die eigentliche Gesundheit muss durch Tränke aus eher seltenen Item-Räumen wieder aufgefüllt werden.

Hellboy boxt einem Feind ins Gesicht in Mike Mignola's Hellboy: Web of Wyrd von Upstream Arcade und Good Shepherd Entertainment
Ein Song namens Schunder

Um gegen die verschiedenen Gegner-Wellen im Spiel zu bestehen habt ihr verschiedene Möglichkeiten zur Verteidigung. Die eine ist: Angriff. Ihr könnt zum einen mit Hellboys Steinhand im Nahkampf mit Standard-Angriffen schon ordentlich Schaden machen. Gleichzeitig gibt euch das Spiel aber auch eine von drei verschiedenen Waffen, angefangen mit dem Revolver, den Hellboy liebevoll "old reliable" nennt bis hin zu einem Granatenwerfer. Diese sind perfekt um die Toughness der Gegner zu reduzieren, bevor es "immer mitten in die Fresse rein" gibt, wie Die Ärzte zu sagen pflegen. Mit der Zeit findet ihr außerdem noch spezielle Zauberitems, mit denen ihr Feinde z.B. von euch wegstoßen könnt. Treffen sie dabei eine Wand, Säule oder ähnliches bedeutet das zusätzlichen Schaden. Außerdem hat Hellboy die spezielle Attacke "Payback", mit der ihr wirklich massiv Schaden austeilen könnt. Die habe ich mir dann meistens für die Bossfights aufgehoben. In jedem Level gibt es zudem verschiedene Buffs und Perks zu finden, die ihr entweder durch reines Erreichen eines Raums erhaltet, oder in einer kurzen Kampf-Challenge erspielen müsst. So bekommt ihr dann mehr Gesundheit, extra Munition, stärkere Angriffe und so weiter.

 

Kommen wir aber mal kurz zum Schwierigkeitsgrad bzw. dem Ablauf der Kämpfe: in jedem Gebiet warten in Hellboy: Web of Wyrd verschiedene Gegnertypen auf euch, die stetig stärker werden, also härter austeilen und mehr einstecken können. Dafür könnt ihr einerseits eure Waffen und Kräfte mit im Spiel verdienter Währung aufleveln, was ihr aber nicht machen müsst, ist eure Kampftaktik anpassen. Die Kämpfe sind nämlich eigentlich nie wirklich fordernd bzw. verlangen von euch nicht viel unterschiedliche Taktiken. Im Grunde läuft es immer so ab: ihr betretet mit vollem Magazin einen Raum, die Gegner erscheinen, ihr visiert den stärksten an, schießt ihm mit der Fernkampfwaffe die Toughness weg und haut ihn dann kaputt. Wenn es nur ein großer Gegner war, verschwinden die kleinen Gegner nach dessen Tod automatisch, gibt es mehrere große Gegner, verschanzt ihr euch schnell hinter einer Mauer, ladet nach und wiederholt den Vorgang bis dieser auch tot ist. Und auch bei den Bosskämpfen funktioniert das perfekt. Toughness wegschießen, Nahkampfangriffe abfeuern, kurz per Dodge oder Weglaufen den gegnerischen Attacken ausweichen, repeat. Richtig gefordert hat mich hier leider nichts, egal wie gut oder schlecht mein Item-Loadout war.

Hellboy hält seinen Revolver in die Kamera in Mike Mignola's Hellboy: Web of Wyrd von Upstream Arcade und Good Shepherd Entertainment
"Wen nennst du hier zu einfach?!"

Dafür sieht das Spiel aber zumindest optisch richtig gut aus. Jede Ecke des Wyrd wirkt so, als wäre sie direkt aus der Comic-Vorlage ausgeschnitten und selbst die Screenshots, die schon sehr gut aussehen, werden dem Spiel in Bewegung nicht gerecht. Schaut euch am besten selbst einen Trailer an, um zu sehen, wie schön Hellboy: Web of Wyrd ist. Ich bin sowieso schon ein Fan von Cel-Shading-Optik an sich, bei diesem Spiel merkt man aber einfach, dass sich das Visual Department voll austoben konnte. Gleichzeitig ist der Soundtrack und die Synchro-Leistung wirklich gut, Hellboy selbst wird vom bereits verstorbenen Lance Reddick gesprochen und wer diese Stimme nicht mag, den kann ich einfach nicht ernst nehmen. Also zumindest in der Präsentation und der Umsetzung ins Medium Videospiel haben die Entwickler*innen des britischen Indie-Studios Upstream Arcade alles richtig gemacht und Fans der Comic-Reihe werden in dieser Hinsicht sicher viel Freude mit dem Spiel haben.

"Hellboy: Web of Wyrd ist bestimmt kein schlechtes Spiel, dazu hat es mich dann doch zu gut unterhalten. Aber es ist leider auch kein richtig gutes und genug ausgereiftes Roguelike."

Nach meiner anfänglichen Vorfreude und Neugierde blieb am Ende doch etwas mehr Ernüchterung, als ich es mir erhofft hatte. Also versteht mich nicht falsch, das Spiel ist absolut kein Totalreinfall und immer noch weit weg von anderen Lizenz-Spielen diverser Comic-Marken. Dafür ist es in seiner Optik zu einzigartig, in seiner Aufmachung zu ambitioniert und generell kein wirklich schlechtes Spiel. Leider ist aber trotzdem das Roguelike-System zu wenig abwechslungsreich und im Grunde hat man viel schneller alles gesehen und erreicht, als ich es mir gewünscht hätte. Die Kämpfe sind insgesamt zu einfach gestrickt bzw. lassen sich bestimmte Mechaniken zu leicht ausnutzen und die Items, die man im Level einsammelt, machen nicht wirklich viel Unterschiede im Ergebnis. Ich habe mich bis zum Schluss nie von der Pistole getrennt, die man direkt zu Beginn bekommt, keinen anderen Zauber ausgerüstet und bin trotzdem leicht durch alle Abschnitte gekommen. Hellboy: Web of Wyrd ist bestimmt kein schlechtes Spiel, dazu hat es mich dann doch zu gut unterhalten. Aber es ist leider auch kein richtig gutes und genug ausgereiftes Roguelike. In den etwa 5 Stunden, die ich für die Hauptstory gebraucht habe, wurde ich solide unterhalten, für weitere Runs und Durchgänge warte ich aber lieber ab, ob hier im Nachhinein das Balancing noch einmal etwas verändert wird und ob eventuell die Items noch erweitert bzw. etwas anders gewichtet werden.

Wertung zu Mike Mignola's Hellboy: Web of Wyrd von Upstream Arcade und Good Shepherd Entertainment
3 von 5 bösen Wölfen.