Forza Motorsport

   Von Miggi

Fast auf den Tag genau sechs Jahre ist es jetzt her, dass wir mit Forza Motorsport 7 einen neuen Teil der Forza Motorsport-Reihe bekommen haben. Sechs Jahre in denen viel passiert ist und natürlich sind auch bei Turn10 Studios, den Erfinder*innen des Forza-Franchises, die Motoren nicht still gestanden. Schon im Juli 2020 wurde auf dem Xbox Games Showcase der nächste Teil der Reihe für die neuen Xbox-Konsolen und den PC angekündigt. Und wie auch sonst sollte dieser im Gegensatz zur kleinen Schwester Forza Horizon mit weitaus weniger Arcade-Anarchie daherkommen, sondern wesentlich mehr Simulations-Spaß beinhalten. Der Realismusfaktor und die Liebe zum Detail sollten diesmal aber auf ein komplett neues Level gehoben werden und so entschied sich das Studio direkt mit dem Titel klar zu machen, dass hier eine neue Ära für Forza Motorsport eingeläutet wird.

Zu Beginn des Spiels werdet ihr deshalb direkt mal ans Steuer gesetzt und dürft selbst fahrend noch einmal euer Gedächtnis auffrischen, worum es bei Forza Motorsport eigentlich geht - und zwar Autos, saubere Rennen und vor allem eines - wunderschöne Optik, egal ob im Cockpit oder auf den Strecken. Dazu lässt euch das Spiel anfangs direkt über den neuen Kurs in Hakone in Japan brettern, der kurz vor Release im Zuge der Tokyo Game Show schon in einem schicken Trailer vorgestellt wurde. Der fiktionale Kurs wurde extra für das Spiel erdacht und bietet neben Kirschblüten und Blick auf den Fuji natürlich auch enge Kurven und Platz für Bestzeiten. Zusätzlich dazu gibt es insgesamt noch 4 weitere komplett neue Kurse im Spiel, die mit 15 weiteren und bereits bekannten Tracks das 20-Strecken starke Spielfeld für euch darstellen. Mehr als genug Asphalt also, um eure Skills zu testen.

Wie hoch die Herausforderung für euch ist, könnt ihr wie immer selbstständig bestimmen und habt dabei massig Anpassungsmöglichkeiten. Vorab könnt ihr nach dem Tutorial aus einem von drei Schwierigkeitsgraden wählen: Club Rules, Sport Rules und Expert Rules. Diese unterscheiden sich dabei vor allem darin, wie viel Strafe ihr dafür bekommt, wenn ihr die Strecke verlasst, wie viel Schaden euer Auto bei Kollisionen nimmt. Außerdem hat die Schwierigkeit Einfluss darauf, ob ihr während eines Rennens auf euer Benzin und den Zustand der Reifen achten müsst und bestimmt, ob die Rewind-Funktion aktiv ist, oder ihr auf diese verzichten müsst. Wie sehr Simulation Forza Motorsport also ist, habt ihr zum Teil selbst in der Hand und könnt die Einstellungen ganz nach euren Vorlieben treffen. Da ich eher aus dem Horizon-Lager komme, habe ich z.B. mit dem einfachsten Schwierigkeitsgrad, den Club Rules, gestartet, die Einstellungen über den Spielverlauf aber immer wieder ein bisschen verändert, um die Herausforderung zu erhöhen. Vor Karriere-Rennen habt ihr außerdem die Möglichkeit euren Startplatz festzulegen. Je weiter hinten ihr das Rennen startet, desto mehr Bonus-Credits bekommt ihr am Ende bei einer guten Platzierung.

Aber wartet mal, wir legen noch einmal kurz den Rückwärtsgang ein: Karriere-Rennen? Ja, eine richtige Story gibt es in Forza Motorsport zwar nicht, aber sind wir mal ehrlich - die ist doch auch in 99% aller Rennspiele einfach nur aufgesetzt und im Endeffekt geht es eh nur um die Rennen. Und davon könnt ihr im Karriere-Modus des Spiels mehr als genug fahren: in insgesamt fünf Kategorien - Modern, Enthusiast, Power, Legacy und Open Class - gibt es verschiedene Touren zu erleben, die jeweils aus mehreren Einzelrennen bestehen und in denen ihr am Ende die meisten Punkte sammeln wollt. Zusätzlich könnt ihr im Featured-Abschnitt noch an jeweils zeitlich begrenzten Touren teilnehmen. Jede Tour baut dabei auf verschiedene Auto-Klassen und -Arten und so habt ihr mit den wechselnden Strecken und Strecken-Abschnitten eine schöne Varianz im Spiel. Vor jedem Rennen müsst ihr dabei erst ein Training absolvieren, in dem ihr drei Runden auf der Strecke abschließt und diese damit vorab schon einmal ein bisschen üben könnt. Was mich anfangs noch etwas genervt hat, weil ich lieber einfach losgefahren wäre, hat mich im späteren Spielverlauf immer mehr dazu angespornt neue Bestzeiten in einzelnen Streckenabschnitten zu holen, damit ich auf der Strecke dann noch ein bisschen mehr unter der Zeit der Runde davor bleiben kann.

Trainieren könnt ihr aber nicht nur im Karriere-Modus, sondern natürlich habt ihr auch die Möglichkeit im Free Play eure Runden zu drehen. Hier könnt ihr einstellen, wie viele Drivatare, also andere Autos, gleichzeitig mit euch auf der Strecke sind, wie das Wetter ist, wie viele Runden ihr fahren wollt und noch viel mehr. Um besonders eure Bestzeiten auf Vordermann zu bringen, bietet sich aber vor allem auch der Rivals-Modus an. Hier startet ihr in einer von 9 Wagenklassen - von E bis X - auf einer Strecke eurer Wahl und müsst dort erst einmal eine vorgegebene Zeit anderer Spieler*innen schlagen. Habt ihr dies geschafft, wird euch direkt die nächste Person als Rival*in zugewiesen wiederum mit eigener Bestzeit und ihr könnt entweder auf der Strecke direkt weiterfahren, oder erst einmal zurück ins Hauptmenü wechseln, um euren Wagen noch ein bisschen weiter anzupassen. Denn auch da gibt es in Forza Motorsport wieder einiges an Optionen, wie ihr euren fahrbaren Untersatz noch weiter verbessern könnt, um die letzte Millisekunde aus ihm herauszuholen.

Eure verdienten Credits könnt ihr nämlich nicht nur in eines von über 500 Autos aller möglichen Marken - von A wie Audi bis Z Zenvo - investieren. Ihr habt auch die Möglichkeit eure gekauften Autos zu tunen und upzugraden. Im Performance-Bereich kauft ihr hier etwa einen neuen Auspuff, tauscht Teile eures Motors aus oder sucht euch neue Bremsen aus. Das könnt ihr entweder komplett manuell machen, oder per Tastendruck und Quick Upgrade einfach vom System erledigen lassen, das euch für eure Credits das bestmögliche Ergebnis rausholt. Und habt ihr das erst einmal abgeschlossen, könnt ihr eure Werte im Tuning-Bereich noch weiter verfeinern. Hier stellt ihr u.a. den Reifendruck ein, bestimmt wie locker eure Federn sitzen sollen und testet die Aerodynamik eures Fahrzeugs. Habt ihr eure Einstellungen getroffen, könnt ihr vor dem Speichern auch erst einmal eine Testrunde drehen, um zu sehen, ob ihr eventuell nicht alles verschlimmbessert habt. Was Auto-Noobs wie mir schnell passieren kann - hier gibt es nämlich keinen Zauberknopf, der einem direkt die besten Werte schenkt. Wer also richtig auf Technik steht, kommt in Forza Motorsport auf keinen Fall zu kurz.

Eure Gegner*innen auf der Strecke sind dabei in den verschiedenen Singleplayer-Rennen wie bereits erwähnt die sogenannten Drivatare. Das Drivatar-System hat sich dabei zwar nicht grundlegend verändert, ist aber finde ich nach wie vor ziemlich beeindruckend. Andere Fahrer*innen auf der Strecke werden dabei von einem AI-System so realistisch wie möglich übertragen, nachdem das System eure Fahrweise und Eigenheiten eures Fahrstils analysiert hat. So könnt ihr immer gegen eure Freund*innen spielen, auch wenn diese gar nicht online sind. Aber natürlich könnt ihr auch online im privaten oder featured Multiplayer antreten. Hierbei sind natürlich Funktionen wie der Rewind deaktiviert und ihr müsst euch ganz auf eure Fahrkünste verlassen. Nachdem ihr euch in der Qualifier Series bewährt habt, könnt ihr nach dem Training, das bestimmt wie weit vorne ihr startet, in verschiedenen Serien gegeneinander antreten und euch heiße Duelle liefern. Vorab gab es zwar nur ein paar kurze Multiplayer-Sessions, aber besonders durch den fehlenden Rewind und die direkte Konkurrenz, sehe ich mich hier in Zukunft noch die ein oder andere Runde drehen.  

Aber wenn Forza Motorsport neben den ganzen Simulations-Aspekten für eines bekannt ist, dann, dass es jedes Mal aufs Neue DER Grafik-Showcase für Xbox-Konsolen ist. Und das hat sich auch mit diesem Teil nicht geändert, ganz im Gegenteil. Die Rennstrecken sehen allesamt unfassbar gut aus, die Texturen auf und neben der Straße haben sich nochmal merklich verbessert und vor allem die verschiedenen Grafik-Modi lassen niemandem im Staub stehen. Auf der Xbox Series X habt ihr die Auswahl zwischen dem Performance-Mode mit 60 Frames und ohne Raytracing, einem Performance RT Mode mit 60 FPS und begrenztem Raytracing und dem Quality Mode mit 30 FPS und dem vollem Real Time Raytracing-Programm. Alle Modi haben dabei 2160p als maximale Auflösung, sind dabei aber dynamisch. Die Series S kommt mit ihren eigenen Modi: Performance, Quality und Cinematics, wobei Raytracing hier überall deaktiviert ist und die Auflösung zwischen 1440p und 1080p schwankt. Hier freue ich mich einfach schon auf die direkte Gegenüberstellung aller Modi von Digital Foundry.

Und weil es manchmal etwas schwer ist alle Details direkt in den Rennen selbst zu erkennen, hat Forza Motorsport nicht nur atemberaubende Cinematics und einen Foto-Modus, in dem ihr schöne Bilder von den Autos und Strecken knipsen könnt, sondern auch eine Replay-Funktion, mit der ihr euch gefahrene Rennen noch einmal ansehen könnt. Hier glänzen die Auto-Modelle durch die Kamera-Einstellungen besonders und sogar ich, der eigentlich gar nicht so viel mit Autos anfangen kann, muss sagen, dass das schon alles sehr sehr beeindruckend ist. Und für alle die auf Tuchfühlung mit den digitalen Fahrzeugen gehen wollen, gibt es zusätzlich noch das Car Theater, in dem ihr eure Autos bis aufs letzte Detail inspizieren könnt. Hier könnt ihr sogar den Motorraum öffnen und reinzoomen und wahlweise am Fahrer- oder Beifahrersitz Platz nehmen. Das Car Theater unterstüzt hier sogar auf der Series S Raytracing und Turn10 Studios werden ihrem Grafik-Showcase-Ruf hier einfach wieder mehr als Gerecht. Wenn man der Mama oder Oma zeigen will, was eigentlich diese neuen Konsolen mittlerweile alles drauf haben, ist dieses Spiel definitiv die richtige Wahl.

Nachdem ich ja eigentlich eher "Team Horizon" bin und die Forza Motorsport-Reihe mich zwar immer optisch fasziniert hat, spielerisch aber nie komplett fesseln konnte, war ich gespannt wie sehr mich das Reboot der Reihe am Ende an den Fahrersitz fesseln kann. Und vielleicht ist es das Alter, aber ich muss sagen, dass ich diesmal wesentlich mehr Spaß mit den Rennen hatte, als bei allen Teilen zuvor. Die schier endlos scheinenden Optionen und Anpassungen des Schwierigkeitsgrades schaffen es, dass das Spiel zugänglich ist, trotzdem aber nicht an Ernsthaftigkeit verliert und vor allem optisch reißt Turn10 einfach wieder einmal alles ab. Forza Motorsport ist aber weit mehr als Grafik-Showcase für die aktuelle Xbox-Generation: die Rennsimulation bietet mit seinen diversen Spielmodi, den 20 Strecken und über 500 Autos Spielspaß ohne Ende und vor allem beim Online Multiplayer habe ich jetzt schon Blut geleckt. Was mir jetzt noch fehlt ist ein richtiger Lenkrad-Controller. Ach was sag ich, ein ganzes Cockpit. Das würde die Simulation noch perfekt machen. Ich jedenfalls habe viel Spaß bei meiner Jagd nach den Millisekunden und wie immer bei Xbox Game Studios-Releases gilt: wer den Xbox Game Pass hat, sollte auf jeden Fall mal reinschauen. Verloren ist dabei nichts, außer vielleicht das ein oder andere Rennen, wenn ihr online auf mich trefft.