Von Miggi
Ich weiß gar nicht mehr so genau, wie ich damals auf den ersten Teil von Rogue Legacy aufmerksam geworden bin. Aber gleich von Anfang an hat mich das Spiel damals nicht nur überrascht, sondern auch komplett überzeugt. Die Idee, dass man nach deren Ableben, die direkten Nachfahren seiner gefallenen Held*innen spielt, war schon witzig, aber dass diese teilweise auch Probleme wie Farbblindheit, Dyslexie oder andere Macken als Debuff haben war nicht nur als Gag, sondern auch als Mechanik gut. Aber seit das spaßig-innovative Rogue-Lite 2013 erschienen ist, ist nicht nur einige Zeit ins Land gezogen, Rogue-Likes und -Lites haben seitdem mit Spielen wie Returnal oder Hades auch einige neue (sehr gute) Genre-Vertreter erhalten. Ob das Spielprinzip immer noch funktioniert, zeigt jetzt der zweite Teil fast 10 Jahre später. Oh Gott, bin ich alt.
Die Story ist in Rogue Legacy 2 eher Mittel zum Zweck bzw. ist im Vergleich zum eigentlichen Spiel eher hinten angestellt und wird recht mythisch erzählt. Es liegt stark an euch, wie viel der Story ihr entdeckt und für euch selbst mitnehmt, da der Großteil über Buch-Einträge erzählt wird, die ihr in der Welt findet. Pro Gebiet gibt es hier eine bestimmte Anzahl an Büchern zu finden, in denen ihr kleine Schnipsel lesen könnt, wenn ihr durch die Gebiete rushed und diese nicht ordentlich absucht, kann es aber auch leichter als man denkt passieren, dass ihr die Bücher gar nicht findet. Außerdem lassen sich aus den Abschnitten und der Umgebung selbst, gemeinsam mit den jeweiligen Gebiets-Bossen dort, noch Infos ziehen und die Story puzzlemäßig zusammensetzen. Wer eine stringente Story erwartet, mag davon eventuell enttäuscht sein, ich finde aber diese Art von unterschwelligem Storytelling bei Rougelikes perfekt.
Am Spielprinzip an sich hat sich im Vergleich zum ersten Teil nicht wirklich viel verändert, außer, dass gefühlt jeder Regler auf +100 geschoben wurde. Und das ist sehr sehr gut. Ihr kämpft euch in mit euren Reck*innen durch immer schwerer werdende 2D-Gebiete und je nachdem welche der 15 Klassen ihr in eurem Run auswählt, habt ihr verschiedene Möglichkeiten euch zur Wehr zu setzen. Es gibt Fernkämpfer wie Bogenschützen, Revolverhelden oder Magier und Nahkämpfer wie Barbaren, Boxer oder Ronins, wovon jede Klasse eine eigene Spezialfähigkeit mitbringt. Und bevor ihr startet, habt ihr jedes Mal die Möglichkeit aus drei davon auszuwählen, was gemeinsam mit einem random Zauber und den speziellen Perks, von denen es in Rogue Legacy 2 diesmal über 50 Stück gibt, jeden Run absolut einzigartig macht. Diese Charaktereigenschaften können wenn ihr Glück habt entweder einfach Vorteile sein oder ihr geht ein Risiko ein, mit dem ihr dann im Run mehr Geld verdienen könnt.
So seht ihr dann zum Beispiel eure Gegner*innen nur noch verpixelt, habt einen Sepia-Filter über den Screen gelegt oder müsst den ganzen Run kopfüber absolvieren. Das Geld, das ihr damit verdient, lohnt sich aber absolut, denn damit könnt ihr euer Schloss weiter ausbauen, in welchem ihr nicht nur nach und nach neue Klassen freischaltet, sondern eben auch Boni, die euch über alle Runs hinweg weiterhelfen. Ihr könnt eure Gesundheit oder Stärke erhöhen, euch die Möglichkeit erspielen die drei Startklassen zu re-rollen und NPCs wie den Schmied oder die Zauberin freischalten, die euch im Hub mit Ausrüstung weiterhelfen. Mit all diesen Mechaniken, die natürlich auch alle ineinander greifen, könnt ihr euch das Spiel immer weiter und weiter vereinfachen, was teilweise auch wirklich nötig ist.
Trotz aller Perks (oder eben nicht-Perks), permanenter Upgrades, Rüstungen und was es nicht alles gibt, ist das Spiel nämlich alles, aber bestimmt nicht leicht. Schon das erste Gebiet wartet mit teilweise echt schweren Räumen auf, die wieder prozedural generiert sind, wodurch ihr auch nicht die Möglichkeit habt, die Gebiete auswendig zu lernen. Und je weiter ihr im Spiel voranschreitet, desto härter werden nicht nur die Räume inklusive ihrer Fallen, sondern auch das Gegner*innenaufgebot. Sind es zu Beginn noch eher "normale" Melee-Klassen, kommen mit der Zeit immer weiter Typen dazu, die unterschiedlich bekämpft werden müssen und auch immer mehr Champions, die noch viel stärker sind, als ihr abgeschwächtes Pendant. Die permanenten Upgrades machen also echt Sinn und wenn ihr mal an einem Gebiet scheitert, ist es auch absolut keine Schande zurück zu gehen und ein bisschen Gold zu farmen, um sich das Leben leichter zu machen. Und wenn es euch trotzdem zu schwer sein sollte, hat das Spiel wahnsinnig umfangreiche Möglichkeiten die Schwierigkeit direkt per Regler in verschiedenen Bereichen ganz spezifisch runterzuschrauben.
Besonders leicht geht das in verschiedenen Herausforderungen, die zufällig in den Gebieten verstreut sind und am Ende immer eine mit Gold gefüllte Schatzkiste für euch bereit halten. Dort müsst ihr dann innerhalb eines Zeitlimits ans Ziel kommen, alle Gegner*innen besiegen oder unbeschadet durch einen Hindernisparcours kommen. Außerdem könnt ihr diese Schatzkisten auch zufällig in Räumen finden. Zusätzlich zu diesen Kisten gibt es in Rogue Legacy 2 auch noch Artefakte zu finden, die ihr auch wieder nur pro Run mitnehmen könnt. Davon könnt ihr allerdings nicht unendlich viele mitnehmen, da ihr eine Leiste habt, die nicht unter 100% fallen sollte. Tut sie dies dennoch, verliert ihr einen Teil eurer maximalen Gesundheit und wenn ihr es übertreibt habt ihr nur noch 1 HP. Für euch getestet und sehr schnell gestorben.
Auch optisch hat Cellar Door Games in Rogue Legacy 2 im Vergleich zum Vorgänger noch mal ein paar ordentliche Schippen drauf gelegt. Vor handgezeichneten Hintergründen bewegen sich 3D-modellierte Charaktere durch die verschiedenen Gebiete. Gemeinsam mit sehr harten Schatten schafft das Kanadische Studio damit einen sehr schönen Comic-Look, der gleichzeitig dem Stil des ersten Teils treu bleibt und trotzdem zeitgemäß eine gute Figur macht. Gleichzeitig haben alle verschiedenen Biome im Spiel ganz eigene Themen bzw. Settings, wodurch sie nicht nur optisch alle sehr viel her machen, sondern auch schön abwechslungsreich sind. Das Startgebiet ist zwar noch eine recht generisch wirkende Burg, aber schon der Hafen im zweiten Gebiet zeigt euch, was in diesem Spiel steckt. Und da habt ihr die eisige Tundra und alle anderen Gebiete noch gar nicht gesehen.
"Rogue Legacy 2 hat nach langer Zeit wieder das gute alte "Eine Runde geht noch"-Gefühl eines fesselnden Roguelites in mir getriggert, was bisher nur ein paar ausgewählte Spiele geschafft haben."
Wie schon der erste Teil, hat mich Version 1.0 von Rogue Legacy 2 komplett unvorbereitet in seinen Bann gezogen. Nachdem ich den Early Access komplett verschwitzt habe und mir dann die Vollversion zu Release geholt habe, konnte ich sehr sehr lange mein Steam Deck nicht mehr weglegen. Wer den Vorgänger schon mochte wird hiermit sowieso eine gute Zeit haben und wer frisch einsteigt, hat mit der Möglichkeit sich die Schwierigkeit komplett zurecht zu modeln von Anfang an die Möglichkeit eines sanften Einstiegs. Rogue Legacy 2 hat nach langer Zeit wieder das gute alte "Eine Runde geht noch"-Gefühl eines fesselnden Roguelites in mir getriggert, was bisher nur ein paar ausgewählte Spiele geschafft haben. Und wie mein Genre-Liebling The Binding of Isaac wird es definitiv ein Spiel sein, zu dem ich noch sehr sehr oft zurück kommen werde. Einfach auch nur um zu sehen, welche abstrusen Perk-Kombinationen ich noch finden kann.