Von Miggi
Bis 2024 war ich ein kompletter Call of Duty-Noob und habe keinen Eintrag der Reihe länger als 5 Minuten gespielt. Auch ein Weg in eine Review zu einem über 20 Jahre alten Franchise zu starten, oder? Aber lasst mich kurz erklären: ich hatte ein paar der Titel in der Sammlung, wenn sie in einem Paket an gebrauchten Spielen mit dabei waren, aber gespielt hatte ich sie bisher allesamt nicht. Ich war immer mehr auf der Halo-Seite und habe damit online etliche Stunden verbracht. Nachdem Activision außerdem auch lange Zeit nur durch schlechte Arbeitsbedingungen, internes Studio-Chaos und Belästigungs-Skandale in den Medien war, hatte ich auch nicht wirklich vor das zu ändern. Dann kam auf einmal Microsoft bzw. Xbox ins Spiel, wir waren endlich Bobby Kotick los, 600 Activison-Mitarbeiter*innen haben die größte Gewerkschaft der Videospiel-Industrie gegründet und durch den Xbox Game Pass war es noch viel leichter einfach mal reinzuspielen. Call of Duty: Black Ops 6 sollte also mein erstes Launch-COD werden und nach der offenen Beta hatte ich darauf auch unironisch Bock.
Anders als Black Ops 4, das komplett ohne Singleplayer-Modus veröffentlicht wurde, dürfen wir in Black Ops 6 wie auch schon im direkten Vorgänger Call of Duty: Black Ops Cold War wieder eine Kampagne spielen, die storytechnisch bzw. zeitlich im Jahr 1991 stattfindet und an den kalten Krieg von Teil 5 anschließt. Die Kampagne startet damit, dass die CIA-Agenten Troy Marshall und William "Case" Calderon den Irakischen Verteidigungsminister aus dem Land holen sollen. Dabei werden sie in ihrer Mission allerdings von einer paramilitärischen Truppe gestört und am Ende macht ihnen Russell Adler einen Strich durch die Rechnung, der ihnen eine Botschaft an Frank Woods mitgibt. Nach ihrer Suspendierung begeben sich Woods, Marshall und Case geleitet von der Botschaft in den ehemalige KGB-Unterschlupf "The Rook", der euch als Basis für alle weiteren Story-Missionen dient und in dem ihr auch abseits davon mit euren Kolleg*innen interagieren und sogar das ein oder andere Geheimnis finden könnt. Guckt euch dort also ruhig einmal etwas genauer um, bevor ihr von Mission zu Mission springt.
Die Singleplayer-Kampagne hebt sich dabei stark von denen der letzten Teile ab und zwar direkt in mehrerlei Hinsicht. Okay, in einem Punkt ist dann doch alles wie bisher: es gibt immer noch eine Menge Geschichtsrevisionismus bzw. -verdrehung. Spätestens wenn man etwa nach einer riesigen Schießerei auf Motorrädern von einer Wahlkampfveranstaltung von Bill Clinton direkt durch die Vordertür flüchtet, sollte einem klar sein, dass historisch hier nicht alles akkurat ist. Aber es hätte mich persönlich auch echt überrascht, wenn Activision hier auf einmal eine 180-Grad-Drehung macht. Die verschiedenen Missionen sind abseits der USA-Glorifizierung allerdings alle richtig abwechslungsreich und bieten rein spielerisch immer wieder neue Ideen und Möglichkeiten für Spieler*innen. Zum einen wären da die verschiedenen Gadgets, die man im Spiel nutzen kann. Ihr könnt Feinde entweder frontal im Feuergefecht attackieren, oder auch einfach mal ein kleines ferngesteuertes Auto mit Sprengstoff um die Ecke fahren und direkt in deren Mitte hochgehen lassen. Die Gadgets sind auf jeden Fall sehr zahlreich und können über ein praktisches Ring-Menü jederzeit gewechselt werden.
Gleichzeitig sind die Missionen alle so unterschiedlich, wie man es von einem Call of Duty eigentlich nicht erwarten würde. Ihr spielt natürlich auch klassische Militärseinsätze mit viel Pew Pew, es gibt aber auch Missionen, die euch in geheimer Mission losschicken, in denen ihr nicht entdeckt werden dürft, eine Passage, in der ihr vergiftet werdet und anfangt Zombies zu sehen und sogar eine Passage, in der ihr in einer offenen Map mit dem Jeep fahren und eure Missionsziele in unbestimmter Reihenfolge nach und nach abfahren könnt. Und seid ihr erst einmal in einem der Levels gelandet habt ihr auch immer wieder die Möglichkeit mit verschiedenen Herangehensweisen an euer Ziel zu kommen. Erpresst ihr einen Senator mit geheimen Informationen, um an den benötigten Schlüssel zu bekommen oder hackt ihr euch lieber in einen der Computer, um eine Auktion zu manipulieren? Ganz euch überlassen. Das macht den Storymodus von Black Ops 6 nicht nur spielerisch erfrischend und unterhaltsam, sondern ist dadurch in meinen Augen was das Gameplay angeht auch die beste COD-Kampagne, die ich bisher gespielt habe.

Aber Kampagnen-Mechaniken und Missionsdesign hin und her, alles unwichtig. Die wichtigste Frage, die man sich bei Call of Duty-Spielen vermutlich stellt ist eine viel primitivere bzw. simplere - funktioniert das Laufen, Schießen und Dodgen? Und genau da haben sich die Entwickler*innen dieses Mal etwas ganz besonderes einfallen lassen, womit sie mich und viele andere sehr glücklich gemacht haben: Omni-Movement. Mit dieser neuen Mechanik könnt ihr jederzeit in alle möglichen Richtungen sprinten, hechten, rutschen und zielen. Das beschleunigt das Gameplay einerseits, führt aber auch dazu, dass man sich selbst nicht mehr so eingeschränkt fühlt in seinen Möglichkeiten. Und natürlich zu Manövern, die einerseits im echten Leben nie möglich wären, die aber genau zur Actionfilm-inspirierter Vision passen, die ein Call of Duty transportieren möchte. Ihr möchtet schießend von einem Balkon hechten, mit 2 Uzis im Anschlag, um danach in einem Pool zu landen, schnell herauszusteigen und direkt über den Boden rutschend hinter euch zu schauen und schnell noch eine Granate werfen? Kein Problem. Hat man sich einmal an das neue Moveset gewöhnt, kann man alte CODs nur noch schwer spielen, es dauert aber durch die hohe Geschwindigkeit und kurze Reaktionsfenster to be fair etwas, bis man sich damit zurecht findet.
Testen könnt ihr eure Fähigkeiten aber natürlich nicht nur im Singleplayer, sondern in diversen anderen Modi. Den neuen Zombies-Modus habe ich dabei nur kurz angespielt und war als Zombie Mode-Neuling im ersten Moment etwas überfordert mit den verschiedenen Möglichkeiten, Zielen und quasi allem, ich habe aber von einigen Mitspieler*innen immer gehört, dass sie soweit sehr zufrieden sind mit dem Modus und diesen auch recht ausführlich gespielt haben. Und auch Warzone, der Battle Royal-Modus von Call of Duty, hat mit Start der ersten Season die verschiedenen Features von Black Ops 6 wie eben Omni-Movement spendiert bekommen und die Runden, die ich im Modus verbracht habe, haben mir mit meiner Gruppe wirklich Spaß gemacht. Und das obwohl ich eigentlich echt kein großer Fan von Battle Royals bin. Kann aber natürlich auch einfach an meiner Gang liegen, mit den richtigen Leuten macht alles mehr Spaß.
Die meiste Zeit im Spiel habe ich aber im regulären Multiplayer abseits von Zombies und Warzone verbracht. Wer schon irgendwann einmal einen Online-Shooter gespielt hat, wird hier nicht wirklich viele Überraschungen finden. Team Deathmatch, Domination und seit einiger Zeit auch ein sehr guter Prophunt-Modus - in insgesamt über 10 Modi könnt ihr euch gegen andere Teams messen und am Ende im besten Fall als Sieger*innen vom Feld gehen. Ich hatte dabei richtig viel Spaß dabei die verschiedenen Maps zu erkunden und lernen und vor allem mit genug Freund*innen, mit denen man sich im besten Fall direkt absprechen kann, macht es einfach absurd viel Spaß online zu spielen. Ich hätte es selbst nicht in dem Ausmaß erwartet, aber mittlerweile bin ich bei Prestige 4 angelangt und spiele immer wieder ein paar Runden zwischendurch, wenn ich gerade keine Lust habe ein großes Story-Spiel weiterzuspielen oder lege einen Abend COD ein, wenn gerade jemand Zeit und Lust hat mitzuspielen.
Ein großer Motivationsfaktor dran zu bleiben sind dabei auch die Loadouts, die ihr euch anlegen und jederzeit durchwechseln könnt. Ihr habt hier die freie Wahl aus verschiedenen Waffentypen, wie Maschinengewehren, Schrotflinten, Sniper-Gewehren und mehr. Jede Waffe kann dabei aufgelevelt und dadurch mit freigeschalteten Aufsätzen und Modifikationen erweitert und verbessert werden. Je mehr ihr eure Waffen also nutzt, umso besser werden diese und können auch optisch angepasst werden. Gleichzeitig könnt ihr pro Loadout verschiedene Perks bestimmen, die euch gewisse Vorteile im Match bringen und in drei verschiedene Farb-Kategorien unterteilt sind. Habt ihr von einer Farbe drei Stück ausgerüstet, wird eurem Loadout eine Rolle zugewiesen, was zusätzliche Vorteile bringt wie z.B. dass ihr eure Gegner*innen kurz durch Wände sehen könnt, wenn ihr auf einer der Maps respawned. Activision liefert hier immer weiter neue Waffen und Buffs, es lohnt sich also immer wieder Neues zu testen bzw. anzulegen. Abgerundet wird eure Strategie zusätzlich noch durch diverse Scorestreaks, wie etwa einem Helikopter, den ihr rufen könnt, sobald ihr im Match ohne zu sterben genug Punkte gesammelt habt.

In technischer Hinsicht hatte ich persönlich nur während der Open Beta-Phase vor Release ab und zu Verbindungsprobleme, seitdem das Spiel offiziell veröffentlicht wurde, hatte ich keine Abstürze, konnte von meiner Xbox Series X ganz einfach mit Leuten am PC spielen und bis auf ein paar Mal, als wir nicht direkt ein Match gefunden haben und die Suche neu starten mussten, gab es eigentlich keine Probleme. Das Gameplay selbst läuft auch mit dem Controller richtig gut und man hat als Spieler*in sehr viele Möglichkeiten die eigenen Einstellungen im Detail auf sich und seinen Spielstil anzupassen. Das Spiel sieht dabei optisch gut aus, transportiert dadurch im Singleplayer-Modus perfekte Actionfilm-Atmosphäre und auch das Gunplay und damit verbunden die verschiedenen Geräusche der Waffen transportieren die Action vor allem mit dem richtigen Soundsystem bzw. Headset perfekt.
"Ich hatte schon lange nicht mehr so eine gute Zeit in einem FPS-Multiplayer, wie ich es mit Call of Duty: Black Ops 6 hatte und bin positiv überrascht wie viele Verbesserungen es in diesen Teil geschafft haben."
Dafür, dass ich vor 2024 noch nie richtig ein Call of Duty gespielt habe, hatte mich der neueste Teil sehr viel mehr gecatched, als ich es selbst erwartet hatte. Durch die Übernahme von Xbox und den Day One Release im Xbox Game Pass war die Einstiegshürde, dass ich Activision Blizzard bisher kein Geld geben wollte und auch sonst nicht großartig an der Reihe interessiert war, verschwunden und nach ein paar Runden mit Freund*innen war ich dann am Haken. Ich hatte schon lange nicht mehr so eine gute Zeit in einem FPS-Multiplayer, wie ich es mit Call of Duty: Black Ops 6 hatte und bin positiv überrascht wie viele Verbesserungen es in diesen Teil geschafft haben. Ich möchte kein COD ohne Omni-Movement mehr spielen, die Kampagne war durchdacht und hat mich von vorne bis hinten unterhalten und der Multiplayer ist ein absolutes Zeitgrab. Ich hoffe, dass Activision in der Zukunft nicht wieder Schnellschüsse raushaut, um im Weihnachtsgeschäft direkt einen neuen Teil am Start zu haben, denn Black Ops 6 ist der spielgewordene Beweis dafür, dass es Sinn macht sich auch mal ein bisschen mehr Zeit zu lassen und ordentlich an seinem Franchise zu feilen.

