Bayonetta 3

   Von Miggi

Titelbild zu Bayonetta 3 von Platinum Games und Nintendo

Wenn man länger darüber nachdenkt, ist die Geschichte hinter Bayonetta einfach nur wild. Als 2009 der erste Teil erschien, war dieser nicht nur einer der ersten Titel von Platinum Games, sondern damit auch das neue Baby von Ōkami-, Viewtiful Joe- und vor allem Devil May Cry-Director Hideki Kamiya. In Kooperation mit SEGA veröffentlichte das japanische Studio einen Action-Titel ganz im Stil von Dantes Abenteuern und sogar noch ein bisschen übertriebener, das von Kritiker*innen und Spieler*innen weltweit mehr als positiv aufgenommen wurde. Umso seltsamer war es, dass SEGA sich im Laufe der Produktion des Nachfolgers dazu entschied, diesen nicht publishen zu wollen und es kurze Zeit so schien, als würde Bayonetta 2 nie erscheinen. Dass dann ausgerechnet Nintendo ins Spiel kam um Teil 2 zu publishen und es damit Wii U-exklusiv zu machen, ist nur ein weiteres Puzzle-Stück in der absurden Historie der Reihe. 2017 wurde dann im Zuge der Game Awards der dritte Teil gemeinsam mit Switch-Ports der ersten beiden Spiele angekündigt. Dass es bis 2022 dauern sollte, das Teil 3 auch wirklich erscheint, konnten wir damals noch nicht ahnen, aber jetzt sitzen wir 5 Jahre später hier und freuen uns, dass er endlich da ist.

In alter Serien-Manier übertreibt das Spiel schon direkt im Intro mal wieder richtig und gibt damit den Kurs vor für die ca. 15-stündige Reise, die uns bevorsteht. In einem alternativen Universum sehen wir, wie eine Variante von Bayonetta gegen eine Kreatur namens "Singularität" kämpft, um die Zerstörung ihrer Welt zu verhindern. Bayonetta verliert den Kampf allerdings, während Viola - eine Umbra-Hexe in Ausbildung - nur hilflos zusehen kann und daraufhin von ihrem Lehrer Sigurd durchs Multiversum geschickt wird, um Hilfe zu holen. Die Singularität ist nämlich gemeinsam mit ihren Biowaffen, den Homunkuli, darauf aus nicht nur diese Welt, sondern auch alle anderen Welten im Multiversum zu zerstören. Falls ihr nach dieser kurzen Erklärung schon Fragezeichen über dem Kopf haben solltet - ja, es ist genau so absurd, wie es klingt. Aber welches Franchise, wenn nicht Bayonetta, könnte mit so einer absurden Story durchkommen? Und ihr dachtet Avengers: Endgame oder Everything Everywhere All at Once wären schon krass.

Bayonetta kämpft gegen Homunkuli in Bayonetta 3 von Platinum Games und Nintendo
Und das ist nur das Intro.

Ok zugegebenermaßen - die Story ist nicht die stärkste. Aber machen wir uns nichts vor - wir haben Bayonetta noch nie gespielt, weil uns die unfassbar krasse Story so mitgerissen hat. Wichtig waren vor allem immer absurde Action-Sequenzen und -Manöver, die die Umbra-Hexe sowohl in den Video-Sequenzen als auch während des Gameplays abgefeuert hat. Und davon gibt es auch im dritten Teil wieder eine ganze Menge. Alleine in der Intro-Sequenz, in der Bayonetta und Jeanne New York vor den einfallenden Homunkuli verteidigen, fliegen wieder nicht nur Kugeln und Gegner durch die Luft, sondern auch allerhand Dinge, die definitiv nicht fliegen sollten. Und ab da an hat man wie immer das Gefühl, dass Platinum Games konstant eine Schippe drauflegen will, was durch das Multiversum-Setting nur befeuert wird. Wenn ein Franchise die Möglichkeit nutzen kann hier einfach komplett durchzudrehen, dann ist es dieses.

 

Aber natürlich verlässt sich Platinum Games beim dritten Teil der Reihe nicht nur auf Absurdität und Bombast, sondern wie immer auch auf solides Hack & Slash-Gameplay. In den actiongeladenen Kämpfen feuert ihr eine Kombo nach der nächsten ab, indem ihr Nahkampf- und Fernkampfattacken kombiniert und zum richtigen Zeitpunkt den gegnerischen Attacken ausweicht. Habt ihr euren Ausweichmove perfekt getimed aktiviert ihr für eine kurze Zeit sogar die Witch Time, in der sich alles in Zeitlupe abspielt und ihr den Monstern noch mal besser auf die Mütze hauen könnt. Nach jedem Vers, also den Spielabschnitten, von denen es in den 14 Kapiteln einige gibt, erhaltet ihr dann eine Bewertung für eure Leistung und je besser ihr euch geschlagen habt auch mehr Geld, das ihr braucht um eure Ausrüstung aufzuleveln und auch wieder im Shop von Rodin einzukaufen.

Bayonetta schießt in einem Panzer auf ein Homunkuli in Bayonetta 3 von Platinum Games und Nintendo
Ja, das ist Bayonetta, die von einem Panzergeschoss aus auf ein riesiges Homunkuli schießt.

Und weil Platinum Games auch bei den Kämpfen noch mal einen Schritt weitergehen wollte, hat man Bayonetta auch neue Fähigkeiten spendiert. Per Knopfdruck könnt ihr im Kampf große Dämonen beschwören und diese solange für euch kämpfen lassen, wie eure Magieleiste es zulässt. Mit den Aktionstasten gebt ihr diesen Kommandos, wie im normalen Kampf, treibt eure Komboleiste nach oben und vermöbelt alles, was sich euch in den Weg stellt. Das könnt ihr entweder separat machen oder auch in Bayonettas Kombos als Finisher mit einbauen. Und sagen wir mal ganz spoilerfrei so - auch die Bosskämpfe profitieren von dieser Mechanik in ihrer Inszenierung sehr. Aber auch beim Bewegen durch die Levels helfen euch die ausgerüsteten Dämonen - die Riesenspinne z.B., in die sich Bayonetta verwandeln kann, läuft nicht nur schneller, sondern kann sich auch mit ihren Spinnenfäden durch die Luft schwingen.

 

Die Verse in den Kapiteln bestehen nämlich nicht nur aus Kämpfen - in den offeneren Arealen könnt ihr verschiedene Portale entdecken, in denen ihr verschiedene Aufgaben bewältigen müsst. Diese belohnen euch zusätzlich mit Gesundheits- und Magie-Items. Außerdem könnt ihr Umgebungs-Rätsel lösen und geheime Truhen und Kreaturen finden, die euch sogar alternative Missionen für die Kapitel spendieren. Und weil das alles noch nicht genug ist, bleibt die Protagonistin der ersten beiden Teile nicht die einzige Figur, die ihr spielen dürft. Auch Viola hat ihre eigenen Levels und kann in speziellen Challenges als spielbare Figur ausgewählt werden, mit ihrem ganz eigenen Kampfstil, der mehr auf Parieren, als aufs Dodgen ausgelegt ist und einem speziellen Pool an Moves und Attacken. Zwischendurch werden außerdem noch kurze und sehr unterhaltsame Spion-Passagen mit Jeanne eingestreut, die in einer Art 2D-Ansicht gespielt werden.

Bayonetta steht vor einer Riesenspinne in Bayonetta 3 von Platinum Games und Nintendo
Bayonetta macht sich im Laufe des Spiel einige neue Freunde.

Nicht unwichtig bei dieser Art von Spielen ist aber vor allem auch noch eines - die Technik. Denn egal wie viel am Bildschirm passiert, wie absurd das eventuell ist und wie viel Effekte uns um die Ohren geballert wird, solange das nicht flüssig läuft, macht es nur halb so viel Spaß. Und da musste man leider durch alle Neuerungen und Erweiterungen leider Abstriche machen. Das Actionfeuerwerk zielt zwar auf die 60fps ab, kann diese aber durch eine variable Framerate so gut wie nie erreichen, geschweige denn halten. In intensiveren Kämpfen und Sequenzen gerät man so teilweise schon eher in Richtung der 30 Frames pro Sekunde und versteht mich nicht falsch - Bayonetta 3 ist dadurch nicht unspielbar, aber eine stabilere Performance würde dem Titel definitiv gut tun. Nach No More Heroes 3 ist das der zweite Switch-Titel, dem ich einfach potentere Hardware wünsche. Das macht das Spiel für mich nicht direkt schlecht, aber ist zumindest das kleine "aber", das man erwähnen muss, wenn man über den Titel spricht.

"Bayonetta 3 baut auf der stylishen Basis der Vorgänger auf, übertreibt an diversen Ecken und Enden noch mehr und ist genau das, was ich mir von der Serie wünsche."

Nach langer Wartezeit hat es der dritte Teil der Hack & Slash-Serie endlich auf die Switch geschafft und wieder einmal gezeigt, warum das Franchise so einen großen Platz im Herzen vieler Spieler*innen hat. Die absurde Story, die man nicht zu viel hinterfragen sollte, hält gut bei Laune und die Idee Bayonetta durchs Multiversum zu schicken, passt vermutlich zu keiner Videospiel-Serie besser, als zu dieser. Bayonetta 3 baut auf der stylishen Basis der Vorgänger auf, übertreibt an diversen Ecken und Enden noch mehr und ist genau das, was ich mir von der Serie wünsche. Die Action ist gewohntermaßen übertrieben und macht wahnsinnig viel Spaß, sich in den Kampfsequenzen auf die Jagd nach der Pure Platinum-Bewertung zu machen und in den diversen Kapiteln alles zu entdecken bietet einiges an Wiederspielwert und lediglich die Performance ist das kleine Haar in der Suppe des Titels. Nichtsdestotrotz hatte ich eine wahnsinnig gute Zeit mit dem Spiel und würde es sofort noch mal spielen, wenn Nintendo eine Switch Pro rausbringt.

Wertung zu Bayonetta 3 von Platinum Games und Nintendo
4 von 5 Ignis Araneae Yo-Yos.